Bundesfachstelle Barrierefreiheit

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In diesem Bereich finden Sie unser gesammeltes Fachwissen zum Thema Barrierefreiheit. Wir erläutern die einzelnen Themen, geben Praxishilfen und nennen die gesetzlichen Vorgaben.

FAQ zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) – E-Books

Häufige Fragen und Antworten zur Umsetzung der Barrierefreiheit von E-Books und E-Book-Lesegeräten

Elektronische Bücher (E-Books) und Geräte zum Lesen von E-Books fallen unter das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Buchverlage und Händler sind aber auch im E-Commerce-Bereich zur Barrierefreiheit nach dem BFSG verpflichtet. Diese FAQ geben einen Überblick zu den rechtlichen Verpflichtungen der Barrierefreiheit für E-Books, E-Book-Reader und Online-Buchhändler, die nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zum 28. Juni 2025 umgesetzt sein müssen (Stand: Oktober 2023).

1. Wie wird ein E-Book nach BFSG definiert?

Gemäß § 2 Nummer 37 BFSG ist ein E‑Book ein „Dienst, der in der Bereitstellung digitaler Dateien besteht, die eine elektronische Fassung eines Buches übermitteln und Zugriff, Blättern, Lektüre und Nutzung ermöglichen“.

2. Inwiefern fallen E-Books unter das BFSG?

E-Books und „hierfür bestimmte Software“ fallen als Dienstleistung unter das BFSG (vgl. § 1 Absatz 3 Nummer 4). Ab dem 28. Juni 2025 dürfen sie nur noch barrierefrei angeboten werden.
Die Definitionen für ein E-Book und die „hierfür bestimmte Software“ sind im § 2 Nummer 37 BFSG beschrieben.
Definition E-Book: siehe Frage 1

3. Was bedeutet Barrierefreiheit bei E-Books?

E‑Books müssen beispielsweise technisch so aufbereitet sein, dass ein Screenreader (Vorlese-Software, die von blinden oder stark sehbehinderten Menschen genutzt wird) die inhaltliche Hierarchie eines Textes erkennen kann. Diese wird dann vom Screenreader akustisch wiedergegeben oder per Braillezeile ausgegeben. Bei der Struktur ist es wichtig, dass beispielsweise Kapitelüberschriften vom Screenreader vorgelesen werden oder Fußnoten im Text mitgelesen werden.
Die genauen Anforderungen an die Barrierefreiheit von E-Books sind u.a.in Abschnitt 10 der EN 301549 in der geltenden Fassung und in § 18 BFSGV zu finden.
Informationen zu den zu beachtenden technischen Standards wird die Bundesfachstelle Barrierefreiheit gemäß § 3 Absatz 2 der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) auf ihrer Website veröffentlichen, sobald diese feststehen.

4. Wie sehen die Anforderungen an E-Books aus?

Die Barrierefreiheit von E-Book-Dateien ist davon abhängig, wie präzise die Dateien elektronisch kodiert werden. Die Dateien sollten beispielsweise mit Benutzeragenten und assistiven Technologien kompatibel sein. Anhang I Abschnitt IV der Richtlinie (EU) 2019/882, die das BFSG umsetzen soll, enthält spezielle Barrierefreiheitsanforderungen, die in der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV, siehe Frage 2) umgesetzt wurden.
Gemäß § 18 BFSGV müssen E-Books

  1. die synchronisierte Bereitstellung von Text- und Audioinhalten gewährleisten, sofern sie neben Text- auch Audioinhalte enthalten,
  2. gewährleisten, dass die Dateien des E-Books die ordnungsgemäße Funktionsweise assistiver Technologien nicht verhindern,
  3. den Zugang zu Inhalten gewährleisten,
  4. die Navigation im Dateiinhalt und im Layout einschließlich dynamischer Layouts gewährleisten (z.B. Vorsehen, dass ein blinder Mensch auf das Inhaltsverzeichnis zugreifen und zu einem anderen Kapitel wechseln kann),
  5. eine Struktur bereitstellen,
  6. Flexibilität und Wahlfreiheit bei der Darstellung der Inhalte bereitstellen,
  7. alternative Wiedergabearten für den Inhalt in wahrnehmbarer, verständlicher, bedienbarer und robuster Weise ermöglichen,
  8. die Interoperabilität des Inhalts mit assistiven Technologien in wahrnehmbarer, verständlicher, bedienbarer und robuster Weise ermöglichen,
  9. die Auffindbarkeit der Barrierefreiheitsmerkmale durch Bereitstellung von Informationen in Form von Metadaten gewährleisten (z.B. Sicherstellung, dass sich in der elektronischen Datei Informationen zu ihren Barrierefreiheitsmerkmalen befinden) und
  10. nach Maßgabe der §§ 95a bis 96 des Urhebergesetzes gewährleisten, dass Barrierefreiheitsfunktionen nicht durch technische Maßnahmen zum Schutz von Werken und sonstigen Schutzgegenständen blockiert werden (z. B. Sicherstellung, dass keine Sperre vorliegt, die z. B. das Vorlesen des Textes verhindert).

5. Ab wann müssen E-Books barrierefrei produziert werden?

Das BFSG ist ab dem 28. Juni 2025 anzuwenden. So muss beispielsweise ein E-Book, das nach dem 28. Juni 2025 auf den Markt gebracht wird, grundsätzlich barrierefrei sein. Die Umsetzung setzt viel Wissen und Arbeit voraus. Deshalb sollte man so früh wie möglich damit beginnen.

6. Wer ist im Rahmen einer Kooperation zwischen einer Universität und einem Verlag für die Barrierefreiheit bei E-Books verantwortlich, welche über Open Access angeboten werden?

E‑Books fallen unter Dienstleistungen. Gemäß § 14 BFSG ist der Dienstleistungserbringer für die Barrierefreiheit verantwortlich, also derjenige, der das E‑Book herstellt und im eigenen Namen auf den Markt bringt. Im Regelfall wird es sich dabei um den Verlag handeln, es sei denn, die Universität tritt als Hersteller (Dienstleistungserbringer) auf.

7. Müssen Hörbücher barrierefrei sein?

Nein.
Hörbücher fallen nicht unter das BFSG. Es handelt sich hierbei nicht um ein Buch im Sinne der Definition gemäß § 2 Nr. 37 BFSG, Lektüre und Blättern sind beispielsweise nicht möglich.

8. Ist DRM (Kopierschutz) nach 2025 noch möglich?

Die Barrierefreiheitsanforderungen für E‑Books sehen vor, dass die Barrierefreiheitsfunktionen nicht durch digitalen Urheberrechtsschutz blockiert werden dürfen. Ein sogenanntes „hartes DRM“ ist damit nicht mehr möglich. Andererseits lässt das BFSG auch die Vorschriften des Urhebergesetzes, das heißt auch die §§ 95a bis 96 UrhG unberührt. Wenn also ein Rechteinhaber eine technische Schutzmaßnahme einsetzt, die der Barrierefreiheit entgegensteht, so darf diese nicht im Wege der Selbsthilfe entfernt werden. Als Korrekturmaßnahme muss der Rechteinhaber dann aber das E‑Book in barrierefreier Form zur Verfügung stellen. Auch Bibliotheken und andere Anbieter, die Zugriffsmodelle mit Nutzungsbeschränkungen verwenden, benötigen somit ggf. barrierefreie Systeme.

9. Wie können Bücher, die viele Illustrationen oder Grafiken enthalten, barrierefrei gestaltet werden (Comics, Kinderbücher, Kunstbücher, Schulbücher, Lehrwerke)?

Erwägungsgrund 41 des EAA enthält folgenden Satz: „Spezielle Merkmale spezieller Werke wie Comics, Kinderbücher und Kunstbücher sollen in Bezug auf alle anwendbaren Barrierefreiheitsanforderungen geprüft werden.“
Die Richtlinie hat diese Fälle also benannt. Eine grundlegende Ausnahme von der Anwendung der Richtlinie stellt dies allerdings nicht dar. Hier obliegt den Verlagen die Pflicht dies zu prüfen ob eine Ausnahmeregelung tatsächlich vorliegt.
Gemäß § 16 BFSG müssen die Barrierefreiheitsanforderungen, die in der Rechtsverordnung festgelegt werden, nur umgesetzt werden, solange deren Einhaltung keine wesentliche Änderung eines Produkts oder einer Dienstleistung erfordert, die zu einer grundlegenden Veränderung der Wesensmerkmale des Produkts oder der Dienstleistung führt. Alternativtexte stellen zunächst keine grundlegende Veränderung bei Bildbänden oder Comics dar, denn sie sind für den Leser ohne Screenreader nicht sichtbar. Eine Überprüfung inwiefern die Anzahl der Alternativtexte bei der Erstellung eine unverhältnismäßige Belastung darstellen könnte, obliegt dem Verlag und ist nicht abschließend geregelt.
Im Falle von Werken, die neben Text eine große Anzahl von Bildern, Tabellen oder Grafiken enthält, kann auch die Ausnahme gemäß § 17 BFSG vorliegen. Danach müssen Barrierefreiheitsanforderungen nicht umgesetzt werden, falls deren Einhaltung zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Verlags führen sollte.
Greift keine der Ausnahmeregelungen, so ist je nach Art des Bildes, der Illustration oder der Grafik zu entscheiden, was für ein Alternativtext sinnvoll und nötig ist. Hierzu finden Sie Hinweise im Abschnitt »Bilder und Alternativtexte« im Leitfaden Barrierefreie EPUB3‑E‑Book. Es kann zum Beispiel sein, dass eine detaillierte Bildbeschreibung im Falle einer Illustration in einem Schul- oder Lehrbuch, eine Antwort, die erarbeitet werden soll, vorwegnehmen würde. Dann besteht keine Verpflichtung zu einer solchen Beschreibung. Das Gleiche würde gelten, wenn es – wie zum Beispiel im Schulbuchbereich – Anforderungen gibt, die eine Veränderung/Ergänzung bzw. einen Eingriff in ein Bild oder Video nicht erlauben.

10. Greift diese Richtlinie nicht stark in die Kunstfreiheit ein?

Die Ausnahmeregel gemäß § 16 BFSG, wonach die Barrierefreiheitsanforderungen nicht zu einer wesentlichen Änderung des Produkts oder der Dienstleistung führen dürfen, dürfte verhindern, dass die Kunstfreiheit eingeschränkt wird. Sollte zudem ein Werk vorliegen, welches so gestaltet ist, dass es technisch nicht möglich ist, es barrierefrei zu gestalten, so kann dies natürlich auch nicht verlangt werden. Es besteht dann nur die Pflicht, die Barrierefreiheit so weit wie möglich umzusetzen, gegebenenfalls ist ein E-Book dann nur teilweise barrierefrei.

11. Verpflichtet das BFSG dazu, neue Lizenzen einholen zu müssen, z.B. Hörbuchlizenzen? Verpflichtet es dazu, ein E-Book anzubieten?

Nein.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz regelt nur, dass E‑Books barrierefrei sein müssen, wenn der Verlag sie anbietet. Es gibt weder einen Zwang dazu, eine E‑Book-Ausgabe eines Buches herzustellen, noch ein Hörbuch zu erstellen. Eine Verpflichtung, weitere Nutzungsrechte einzuholen, besteht daher nicht. Die Erforderlichkeit, E‑Books barrierefrei zu gestalten, ergibt sich aus dem öffentlich-rechtlichen Gesetz selbst. 

12. Inwieweit werden Onlineshops von Buchhandlungen und Verlagen betroffen sein?

Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG müssen Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr ab 2025 barrierefrei angeboten werden. Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr sind gemäß § 2 Nr. 26 BFSG Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages erbracht werden. Davon betroffen sind also vor allem die Webshops von Buchhandlungen und Verlagen, die diese Dienstleistung anbieten, es sei denn, es handelt sich um Kleinstunternehmen.

13. Wie sieht es mit bereits bestehenden Leistungen und Services der Schulbuchverlage zur Gewährleistung von Barrierefreiheit (z. B. Multitext CDs, Eliseh - elektronische Hilfsmittel für Sehbehinderte etc.) aus?

Verlage müssen die Barrierefreiheitsanforderungen des BFSG beachten. Ziel ist es, dass mehr barrierefreie Produkte und Dienstleistungen auf den Markt kommen. Produkte und Dienstleistungen, die bereits die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen, müssen nicht geändert werden. Bestehende Leistungen und Services, die über die im Gesetz geforderten Anforderungen hinausgehen oder sich auf nicht im Gesetz geregelte Produkte und Dienstleistungen beziehen, können natürlich freiwillig weiter angeboten werden.

14. Welche Unterstützungsangebote stehen der Buchbranche zur Verfügung?

15. Wo finden sich weitere Informationen rund um das BFSG?

Quelle:

FAQ zur Barrierefreiheit - Börsenverein (boersenverein.de)