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In diesem Bereich finden Sie unser gesammeltes Fachwissen zum Thema Barrierefreiheit. Wir erläutern die einzelnen Themen, geben Praxishilfen und nennen die gesetzlichen Vorgaben.

FAQ zum BFSG – Versicherungsbranche

Welche Dienstleistungen der Versicherungsbranche nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) barrierefrei zu gestalten sind, erläutern wir in den nachfolgenden Fragen und Antworten (Stand: Mai 2025).

1. Welche Anforderungen des BFSG gelten für Versicherungsdienstleistungen?

Unter das BFSG fallen auch Bereiche, die die Versicherungsbranche betreffen. Darunter sind Anwendungsbereiche der Dienstleistungen nach § 1 Absatz 3 BFSG wie z.B. „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“.

2. Ist ein Versicherungsvertrag oder ein Darlehensvertrag selbst eine Dienstleistung oder ein Vertrag über eine Dienstleistung?

Versicherungen und Darlehen sind grundsätzlich Dienstleistungen. Versicherungen sind jedoch nicht in § 1 Absatz 3 aufgeführt und müssen daher nicht die Anforderungen des Gesetzes erfüllen. Hier können allenfalls die entsprechenden Webseiten oder Apps erfasst sein, sofern sie auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags zielen. Darlehen sind erfasst, soweit es sich um Verbraucherdarlehen handelt. Diese sind als Bankdienstleistung im Anwendungsbereich des Gesetzes. Für sie gelten die allgemeinen Anforderungen im Gesetz und der Rechtsverordnung und zusätzlich die speziellen Anforderungen für Bankdienstleistungen in der Verordnung (siehe auch FAQ Bankdienstleistungen).

3. Sind Webseiten für komplexe Versicherungsanlageprodukte im Bereich der Lebensversicherung von den Anforderungen des BFSG betroffen, wenn sie Fonds-Informationen und gesetzlich verpflichtende Informationen bereitstellen, jedoch keine direkten Online-Abschlüsse ermöglichen?

Webseiten von Versicherungsunternehmen sind nur dann erfasst, wenn darüber Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr erbracht werden. Dabei handelt es sich um Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers in Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages erbracht werden. Sofern lediglich generell und nicht auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers Informationen bereitgestellt werden, dürfte es sich dabei nicht um eine Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr handeln.

4. Müssen Produktinformationen und Versicherungsbedingungen barrierefrei auf der Webseite zur Verfügung stehen, auch wenn kein Online-Abschluss einer Versicherung möglich ist?

Nein. Webseiten von Versicherungsunternehmen sind nur dann erfasst, wenn darüber Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr erbracht werden. Dabei handelt es sich um Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers in Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages erbracht werden. Sofern die Webseite z.B. lediglich eine Kontaktaufnahme für bestehende Kunden ermöglicht, dürfte sie nicht auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages abzielen.

5. Müssen Vertragsunterlagen barrierefrei zur Verfügung gestellt werden? Und inwiefern müssen entsprechende PDF-Dokumente ins Format PDF/UA überführt werden? Und gilt das auch für Dokumente, die vor dem 28.6.2025 bereits online waren?

Webseiten sind erfasst, wenn darüber Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr erbracht werden. Dies sind Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers in Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages erbracht werden. Liegt eine Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr vor, können Dokumente erfasst sein, sofern sie auf der Webseite nach dem 28. Juni 2025 veröffentlicht werden. Vertragsunterlagen, die im Rahmen eines Vertragsabschlusses versendet werden, dürften nicht dazugehören.

6. Fallen Apps, in denen Kunden Vertragsdetails einsehen können, auch unter die Vorgabe des BFSG?

Nein. Vorvertragliches kann jedoch erfasst sein, sofern dies auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages zielt und die Dienstleistung auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers erfolgt.

7. Sind Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sowie Pflichtdokumente wie PRIIPs und IPIDs im Versicherungswesen barrierefrei zu gestalten? Wenn ja, inwieweit?

Webseiten von Versicherungsunternehmen sind nur dann erfasst, wenn darüber Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr erbracht werden. Ist dies der Fall, ist gemäß § 3 Absatz 2 der Verordnung zum BFSG der Stand der Technik zu beachten. Der Stand der Technik wird im Falle der Informations- und Kommunikationstechnologie u.a. durch die DIN 301 549 und die Web Content Accessibility Guidelines konkretisiert. Diese sehen vor, dass Dokumente auf Webseiten barrierefrei gestaltet werden müssen. Sind die o.g. Dokumente daher auf der Webseite veröffentlicht, müssen sie barrierefrei gestaltet werden, sofern sie nicht bereits vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden.

8. Ist der Versicherer, der einen Terminvereinbarungsprozess auf seiner Webseite anbietet, insofern Dienstleistungserbringer im elektronischen Geschäftsverkehr? Gilt ein auf der Webseite angebotener Terminvereinbarungsprozess als Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 2 Nr. 26 BFSG? Und welche Voraussetzungen muss ein solcher Terminvereinbarungsprozess erfüllen?

Ja, ein Versicherer gilt als Dienstleister im elektronischen Geschäftsverkehr.

Webseiten von Versicherungsunternehmen fallen unter die Regelungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG), wenn über sie Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr erbracht werden. Dazu zählen sogenannte Telemedien-Dienstleistungen, die über Webseiten oder Apps bereitgestellt und elektronisch sowie auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers erbracht werden – zum Beispiel zur Vorbereitung oder zum Abschluss eines Versicherungsvertrags.

Ein Terminvereinbarungsprozess auf der Website dürfte in der Regel als solche Dienstleistung gelten, da er auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags gerichtet ist (z. B. für eine persönliche Beratung oder ein Vertragsangebot). Die Webseite muss daher barrierefrei gemäß den Anforderungen der BFSGV sowie des Stands der Technik gestaltet werden.

9. Gilt die Vorgabe für das B2-Sprachniveau bei Dienstleistungen nur für den beschreibenden Teil der Dienstleistung im Rahmen der „Information zur Barrierefreiheit“ oder für die Beschreibungen der Dienstleistungen an sich (vorvertragliche Infos, relevante Texte zu Kreditanträgen etc.)?

§ 17 Absatz 2 BFSGV legt fest, dass die Informationen zur Funktionsweise der Bankdienstleistung für Verbraucher verständlich sein müssen, ohne dass ihr Schwierigkeitsgrad das Sprachniveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen des Europarats überschreitet. Es handelt sich dabei um alle Informationen, die zum Verständnis der Durchführung der Dienstleistung erforderlich sind. Sinn und Zweck ist, dass Menschen mit Behinderungen die Bankdienstleistung nutzen, fundierte Entscheidungen treffen und sich angemessen, in gleicher Weise wie alle anderen Verbraucher geschützt wissen können. Es handelt sich also um eine Anforderung, die über die für alle Dienstleistungen geltenden Informationen zur Barrierefreiheit hinausgeht.

10. Wieso dürfen gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 BFSG vor dem 28.6.2025 abgeschlossene Verträge über Dienstleistungen nicht länger als bis zum 27.6.2030 unverändert fortbestehen, wenn sich das BFSG nur auf den Zeitraum der Vertragsanbahnung bezieht? Nach Abschluss des Vertrages lässt sich an der Vertragsanbahnung im Nachhinein nichts mehr ändern. Müssen diese Altverträge in diesem Fall zum 27.6.2030 beendet bzw. gekündigt werden?

38 Absatz 1 Satz 2 BFSG legt fest, dass solche Verträge nicht länger als bis zum 27. Juni 2030 unverändert fortbestehen dürfen. Die Verträge müssen daher nicht beendet oder gekündigt werden. Sie müssen jedoch gegebenenfalls so geändert werden, dass die Anforderungen des Gesetzes erfüllt werden.

11. Gibt es eine konkrete Verpflichtung für Versicherer und Versicherungsvermittler, ihre Kunden auf der Website hinzuweisen, dass sie sich bei Verstößen an die Marktüberwachung wenden können?

Webseiten von Versicherungsunternehmen sind nur dann erfasst, wenn darüber Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr erbracht werden. Dabei handelt es sich um Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers in Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages erbracht werden.

Liegt eine Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr vor, sind die Dienstleister gemäß § 14 Absatz 1 Nummer 2 BFSG dazu verpflichtet, die Informationen zur Barrierefreiheit seiner Dienstleistung gemäß Anlage 3 zum BFSG zu erstellen und für die Allgemeinheit in barrierefreier Form zugänglich zu machen. Anlage 3 Nummer 1 d) zum BFSG legt fest, dass die Informationen die Angabe der zuständigen Marktüberwachungsbehörde enthalten müssen.

12. Wo finden sich weitere Informationen rund um das BFSG?