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In diesem Bereich finden Sie unser gesammeltes Fachwissen zum Thema Barrierefreiheit. Wir erläutern die einzelnen Themen, geben Praxishilfen und nennen die gesetzlichen Vorgaben.

Drei Fragen an Dr. Petra Zadel-Sodtke, Bundesfachstelle Barrierefreiheit

Anlässlich der anstehenden Bundestagswahl 2025 hat die Bundesfachstelle Barrierefreiheit eine neue Auflage ihrer Handreichung für barrierefreie Wahllokale erstellt. Sie ist als Leitfaden zur Umsetzung von Barrierefreiheit in Wahllokalen für alle gedacht, die in Städten und Gemeinden Wahlen planen und durchführen. Die Erstellung der Fachpublikation verantwortete Dr. Petra Zadel-Sodtke, Referentin für Bauen, Öffentlicher Raum und Mobilität bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit.

Wie unterstützt die Handreichung „Barrierefreie Wahllokale“ die Wahlverantwortlichen vor Ort?

Petra Zadel-Sodtke: Unsere aktualisierte Handreichung „Barrierefreie Wahllokale“ unterstützt alle, die an der Organisation von Wahlen beteiligt sind. Sie richtet sich an diejenigen vor Ort, die in Städten und Gemeinden Wahlen planen und durchführen und mit Wählerinnen und Wählern in Kontakt kommen. Die Handreichung hilft mit fachlichen Informationen und praktischen Checklisten dabei, Wahllokale so einzurichten, dass alle wahlberechtigten Menschen selbstbestimmt wählen können – ein Recht, das in Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention verankert ist.

Zudem wollen wir die Öffentlichkeit informieren und für das Thema sensibilisieren. Zwei Beispiele: Die fehlende Rampe am Eingang des Wahllokals entscheidet unter Umständen darüber, ob eine wahlberechtigte Person im Rollstuhl ihre Stimme zur Wahl abgeben kann. Und: Wird dem Assistenzhund einer sehbehinderten wahlberechtigten Person der Zutritt verweigert, so wird sie an ihrer Wahl gehindert.

Die Handreichung soll Wahlverantwortliche und -helfende dabei unterstützen, ihr Wahllokal so zugänglich wie möglich zu machen. Gleichzeitig kann dadurch das Verständnis dafür wachsen, weshalb Barrierefreiheit in Wahllokalen wichtig ist.

Welche Eigenschaften müssen barrierefreie Wahllokale aufweisen?

Petra Zadel-Sodtke: Kommunen richten Wahllokale häufig temporär in älteren Gebäuden, Bestandsbauten, ein. Dabei müssen sie die vorhandenen Gegebenheiten aufnehmen und diese dann anhand der Checklisten der Handreichung so gut wie möglich barrierefrei gestalten. Die Herausforderung dabei ist: Was ist zeitlich und baulich umsetzbar und was muss durch entsprechenden Service kompensiert werden? Mit den Checklisten unserer Handreichung können Verantwortliche vor Ort gezielt notwendige Anpassungen vornehmen – sowohl temporär als auch über die Nutzung als Wahllokal hinaus.

Die Barrierefreiheit der Wahllokale betrifft folgende vier übergeordnete Themen:

  1. Erreichbarkeit: Das Wahllokal muss für alle gut erreichbar und zugänglich sein. Daher ist von den Wahlverantwortlichen zu prüfen: Sind bauliche Rampen oder mobile Rampen vorhanden? Sind alle Treppenstufen mit gut sichtbaren Markierungen gekennzeichnet? Gibt es an beiden Treppenseiten Handläufe in der notwendigen Greifhöhe? Weitere Maßnahmen zur barrierefreien Erreichbarkeit des Wahllokals haben wir in der ersten Checkliste der Handreichung aufgeführt.
  2. Beschilderung: Klare Wegweiser führen Wählende sicher zum und durch das Wahllokal. Besonders hilfreich sind dafür einfache Piktogramme. Informationen und praktische Beispiele für Beschilderungen haben wir in der Checkliste 4 zusammengestellt. Zudem bieten wir Piktogramme zum Download an.
  3. Information und Kommunikation: Barrierefreie Wahlen erfordern auch eine barrierefreie Kommunikation und Information – sowohl vor Ort im persönlichen Gespräch als auch vorab bei der Wahlbenachrichtigung, um auf barrierefreie Wahlräume hinzuweisen. Offizielle Internetseiten zur Wahl sollten so gestaltet sein, dass blinde, sehbehinderte, schwerhörige sowie motorisch eingeschränkte Wählerinnen und Wähler die Inhalte nutzen und lesen können. Hierzu geben unsere Checklisten 5 und 6 hilfreiche Tipps.
  4. Wahlkabine: Für Rollstuhlnutzende ist eine Wahlkabine mit Mindestinnenmaßen und Bewegungsflächen zum Manövrieren und Wenden des Rollstuhles innerhalb und vor der Wahlkabine notwendig. Wie eine solche Wahlkabine gestaltet sein sollte, illustrieren wir mit einer detaillierten Abbildung, die auch Maßangaben enthält. Weitere Informationen bietet die Checkliste 3.

Grundsätzlich geht es darum, Barrierefreiheit langfristig zu denken. Dabei ist die Einbindung der örtlich zuständigen Behindertenbeauftragten sehr hilfreich. Diese können mit ihren Kenntnissen die Kommunen und alle am Wahlprozess offiziell Beteiligten beratend unterstützen.

Welchen Service können Wahlhelfende für einen barrierefreien Wahlablauf im Wahllokal bieten?

Petra Zadel-Sodtke: Am besten unterstützen Wahlhelfende, indem sie den Wahlberechtigten mit Einschränkungen ihre Hilfe anbieten und ihnen allgemein respektvoll begegnen. Hierzu gibt es grundlegende Verhaltensweisen, zum Beispiel: Nehmen Sie sich Zeit und haben sie Geduld! Sprechen Sie die Wahlberechtigten mit Einschränkungen direkt an und nicht deren Assistenz! Unsere Checkliste 9 gibt Wahlhelfenden praktische Verhaltenstipps für einen respektvollen Umgang.

Um das Wählen zu erleichtern, sollten Hilfsmittel wie Lupe, Stifte mit großem Griffbereich und Stimmzettel im Großausdruck bereitgehalten werden. Hilfreich sind außerdem Telefonnummern von Dienstleistenden, die in Deutsche Gebärdensprache übersetzen. In den Checklisten 7 und 8 gibt es detaillierte Informationen zu Hilfsmitteln und zum Ausfüllen der Wahlzettel in der Wahlkabine.

Um die spezifische Barrierefreiheit des jeweiligen Wahllokals auch während des Wahltags durchgehend zu sichern, sind regelmäßige Prüfungen notwendig: Sind die barrierefreien Eingänge und Wege gut beschildert? Hängen alle Piktogramme an der richtigen Stelle? Sind alle temporären Hilfsmittel und Markierungen noch vorhanden? Hinweise dazu bietet die Checkliste 10.

Insgesamt bietet unsere Handreichung mit den zehn Checklisten und vier erläuternden Abbildungen allen Planungsverantwortlichen, Umsetzenden und Wahlhelfenden ein hilfreiches Unterstützungsangebot, Barrierefreiheit in Wahllokalen umzusetzen.