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Behindertenbeauftragte: Mehr Inklusion im Gesundheits- und Pflegesystem notwendig

Datum 16.05.2023

Am 11. und 12. Mai kamen in Bad Nauheim die Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e. V. (BAR) zu ihrem 65. Treffen zusammen. Gemeinsam verabschiedeten sie die „Bad Nauheimer Erklärung“, in der sie u. a. fordern, dass das Gesundheitssystem barrierefrei ausgestaltet wird.

In einer älterwerdenden Gesellschaft steigt die Wahrscheinlichkeit, im Lauf des Lebens eine Behinderung zu erwerben. Die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern halten daher ein grundlegendes Umdenken im Gesundheits- und Pflegebereich für dringend notwendig. Damit Menschen mit Behinderungen jeden Alters den gleichen Zugang zur Gesundheits- und Pflegeversorgung erhalten wie Menschen ohne Behinderungen, sollte das gesamte Gesundheitssystem barrierefrei ausgestaltet werden. Darüber hinaus sind spezifische Angebote für die besonderen Bedarfe von Menschen mit Behinderungen vorzuhalten.

Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, sieht das vordringlichste Problem im Gesundheitsbereich in der fehlenden Barrierefreiheit von Arztpraxen. „Es kann doch nicht sein, dass es immer noch Bundesländer gibt, in denen es nicht eine einzige barrierefreie gynäkologische Praxis gibt. Die medizinische Versorgung gehört zur Basis der Daseinsvorsorge. Dass Menschen mit Behinderungen hier immer noch ausgeschlossen werden, insbesondere wenn es um die ambulante Versorgung geht, ist eines Landes wie der Bundesrepublik Deutschland unwürdig“, so Dusel.

Deutschland hat sich 2009 durch Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zum Gesundheits- und Pflegesystem zu gewährleisten. In Deutschland gibt es rund 200.000 Arzt- und Therapiepraxen. Doch etwa 80 Prozent der Praxen sind für Menschen mit Behinderungen nicht oder nur eingeschränkt zugänglich.

Außerdem sieht Jürgen Dusel großen Handlungsbedarf bei der Hilfsmittelversorgung insbesondere von Kindern und Jugendlichen: „Wenn Kinder ihre Hilfsmittel nicht zeitnah bekommen, schließen sich Zeitfenster, in denen Fähigkeiten aufgebaut bzw. deren Verlust verhindert werden kann. Es ist inakzeptabel, dass Krankenkassen Anträge, die von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten als dringend notwendig eingestuft werden, nach Aktenlage ablehnen.“

Rika Esser, die Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen, misst der zuverlässigen Gewährleistung von häuslicher Intensivpflege eine besondere Bedeutung zu: „Es bestehen trotz der Nachbesserung der Außerklinischen Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL) große Bedenken, dass durch die enormen Anforderungen an die Verordnung und Genehmigung so hohe Hürden geschaffen werden, dass die betroffenen Menschen die benötigte Pflege zu Hause nicht mehr beantragen können.“ Daher fordern die Beauftragten auch, eine ausreichende Zahl qualifizierter Medizinerinnen und Mediziner sicherzustellen sowie unnötige Mehrfachbegutachtungen zu vermeiden.

Die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e. V. (BAR), Prof. Dr. Helga Seel, mahnte eine Verbesserung der Rehabilitation von Menschen mit Schwerstverletzungen an. Sie erläuterte, dass viele Patientinnen und Patienten nach einer erfolgreichen Akutbehandlung im Krankenhaus immer noch einen hohen Unterstützungsbedarf haben, weil sie beispielsweise noch nicht wieder selbstständig essen können. Nach aktueller Definition gelten sie als „noch nicht reha-fähig“. Viele würden deshalb nach Hause oder in eine Pflegeeinrichtung entlassen, anstatt in eine Reha-Einrichtung.

Weiterführende Links

Die Bad Nauheimer Erklärung ist als Download auf der Website der Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen abrufbar:

Bad Nauheimer Erklärung

Pressemitteilung vom 12. Mai 2023 zur Bad Nauheimer Erklärung