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Zehntes Netzwerktreffen zur digitalen Barrierefreiheit

Datum 25.11.2025

Zu Besuch in Nürnberg – das zehnte Netzwerktreffen digitale Barrierefreiheit war eine gemeinsame Veranstaltung der Bundesfachstelle und des Teams IT Barrierefreiheit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). 60 Mitarbeitende von Bundesbehörden trafen sich im historischen Gebäude des BAMF, um an dem Workshop teilzunehmen.

Als Erste begrüßten Serdal Bilir, Senior Consultant and Tester for Accessibility in Software Development beim BAMF, und Dorothee Wulf von der Bundesfachstelle Barrierefreiheit die Gäste im Haus. Mit einer kurzen Ansprache hieß auch Kausik Munsi, Leiter der IT-Abteilung im BAMF sowie CIO, die Teilnehmenden in Nürnberg willkommen. Er hob dabei die Bedeutung des Netzwerkens und des „gemeinsamen Gestaltens“ hervor.

Aus der Abteilung 1 (Zentralabteilung) berichtete Eva Peschke zur Umsetzung der Barrierefreiheit generell im BAMF. Anschließend erzählten Serdal Bilir und René Matthäi, Referent für IT-Qualitätssicherung, wie der Stand der digitalen Barrierefreiheit im BAMF ist. Das Team engagiert sich schon seit Jahren für die digitale Barrierefreiheit und informiert dazu intern und extern. Auch in der Außenkommunikation sind sie erfolgreich: Bei den German Testing Days in Frankfurt hat das Team im Jahr 2024 den Best-Speaker-Award erhalten.

Vorne auf der Bühne stehen drei Frauen und sieben Männer. Im Vordergrund ist das Publikum zu sehen. Team des BAMF, Netzwerktreffen digitale Barrierefreiheit Nürnberg Das Team IT Barrierefreiheit des BAMF

Workshop: Digitale Barrierefreiheit an sechs Stationen

Ein Mann, eine Frau und mehrere andere Personen stehen um einen Tisch. Der Mann spricht. Auf dem Tisch stehen ein Laptop und ein Monitor, zu dem die anderen hinsehen. Workshop-Station, Netzwerktreffen digitale Barrierefreiheit Nürnberg Prüfschritte aus dem BITV-Test waren das Thema dieser Workshop-Station.

Als Nächstes stand der Workshop auf dem Programm. Einzelne Themen der digitalen Barrierefreiheit wurden von den zum Teil selbst von Sehbeeinträchtigungen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAMF an insgesamt sechs Stationen vorgeführt. Dabei teilten sich die Teilnehmenden der Veranstaltung auf die einzelnen Stationen auf und wechselten von Station zu Station. Hier konnten die Teilnehmenden praktische Lösungen in verschiedenen Bereichen der Barrierefreiheit erfahren.

Die Themen der Stationen waren:

  • Smartphones blind bedienen (mit Screenreader)
  • Barrierefreie PDF und der PAC-Test
  • Sinneseinschränkungen simulieren (mit Simulationsbrillen und zu ertastenden Objekten)
  • BITV in der Praxis (manuelle und automatische Tests)
  • BITV-Tests von blindem Tester und der Screenreader JAWS
  • Barrierefreiheits-Talk (Diskussion über Herausforderungen und Lösungen)

Die abwechslungsreichen „Erlebnis-Stationen“ boten unterschiedliche Formate wie Talk, Tutorial, Vortrag, Live-Demonstration und spielerisches Lernen. Dadurch lernten die Teilnehmenden verschiedene Perspektiven kennen und konnten neue Erkenntnisse gewinnen.

Vortrag 1: Barrierefreie Design-Systeme und Komponenten-Bibliotheken – ITZBund

Über barrierefreie Designsysteme im Allgemeinen und die barrierefreie Komponentenbibliothek KoliBri im Speziellen berichtete Christian Brähmig vom ITZBund. Nach wie vor werden die Anforderungen der Barrierefreiheit in vielen Software-Projekten und auch bei Komponentenbibliotheken nicht vollständig umgesetzt. Dadurch müssen diese Aspekte in jedem Projekt erneut berücksichtigt werden, was Zeit und Energie kostet. Aus diesem Grund hat das ITZBund die barrierefreie Komponentenbibliothek KoliBri entwickelt – mit dem Ziel, eine barrierefreie, wiederverwendbare Standardbibliothek zu schaffen, die die kreative Freiheit verschiedener Organisationen bewahrt und für Webprojekte aller Art nutzbar ist.

Ein Mann steht an einem Redepult. Er hat kurze blonde Haare und trägt eine Brille. Christian Brähmig beim Netzwerktreffen digitale Barrierefreiheit Nürnberg Christian Brähmig (ITZBund) stellte die Komponentenbibliothek KoliBri vor.

Herr Brähmig erläuterte dabei die zugrunde liegende Lösungsstrategie von KoliBri. Bei der Entwicklung lag der Fokus auf der Erstellung semantisch korrekter HTML-Strukturen, die die Anforderungen der Barrierefreiheit bereits im Code berücksichtigen. Technisch wird dies durch die Nutzung des W3C-Standards „Web Components“ realisiert. So entstehen barrierefreie, robuste und wiederverwendbare Komponenten, die zugleich die nötige Flexibilität hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds bieten. Diese Komponenten können mithilfe kundenspezifischer Themes (Sammlungen von visuellen Komponenten) an individuelle Designvorgaben – etwa Farben, Formen und Abstände aus Corporate Designs – angepasst werden. Dabei ist entscheidend, dass diese Vorgaben die Anforderungen der Barrierefreiheit erfüllen, beispielsweise hinsichtlich ausreichender Kontrastwerte. Auf diese Weise entsteht eine kundenspezifische, barrierefreie Komponentenbibliothek, die sowohl den Vorgaben des Corporate Designs entspricht als auch die Barrierefreiheit gewährleistet. So lassen sich User-Interface-Elemente wie Schaltflächen oder Eingabefelder in unterschiedlichen Formen und Farben gestalten, ohne dass sich die zugrunde liegende technische Implementierung ändert.

Im weiteren Verlauf ging Herr Brähmig auf die wesentlichen Vorteile von KoliBri ein. KoliBri bietet standardisierte, barrierefreie Komponenten gemäß den gesetzlichen Vorgaben (BGG, BITV 2.0, EN 301 549 und WCAG). Da die Komponenten auf reinen Webstandards basieren, sind sie geräte- und browserübergreifend einsetzbar. Sie sind modular aufgebaut, leicht wartbar und basieren auf modernen Technologien mit hohem Automatisierungsgrad. Die kleinteilige und wiederverwendbare Struktur ermöglicht eine flexible Anpassung an unterschiedliche Anwendungsfälle. KoliBri kombiniert somit Barrierefreiheit, Flexibilität und Wiederverwendbarkeit für eine nachhaltige und benutzerfreundliche Webentwicklung.

KoliBri wurde vom ITZBund entwickelt und als Open-Source-Software unter der „Open-Source-Software-Lizenz für die Europäische Union (EUPL)“ frei zur Verfügung gestellt. Dies ermöglicht maximale Transparenz und Rechtssicherheit, fördert zugleich die behördenübergreifende Zusammenarbeit und gemeinsame Weiterentwicklung. Damit unterstützt KoliBri öffentliche Stellen bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Onlinezugangsgesetz.

Mehr Informationen zu KoliBri lesen Sie hier: Infoseite KoliBri des ITZBund.

Link GitHub

Dokumentation GitHub

Blick von hinten in den Raum. Viele Stuhlreihen, auf denen Menschen sitzen. Vorne auf der Bühne zwei Redner und darüber eine riesige Leinwand. Saal und Publikum, Netzwerktreffen digitale Barrierefreiheit Nürnberg Beeindruckend war nicht nur der Inhalt der Veranstaltung, sondern auch der Saal.

Vortrag 2: Erfahrungen und Lernpfade – Stiftung Pfennigparade

Über die Tätigkeiten und die Erfahrungen bei der Stiftung Pfennigparade berichtete Nico Maikowski, Senior Accessibility Experte. Das Angebot der Stiftung im Bereich digitale Barrierefreiheit reicht von Schulungen und Sensibilisierungskursen über Testing digitaler Barrierefreiheit und Usability-Tests. 70 Prozent der Beschäftigten im Bereich „Pfennigparade Business. Inklusiv.“ haben eine körperliche Behinderung und insofern persönliche Erfahrungen mit digitalen Barrieren.

In seinem Vortrag stellte Herr Maikowski zunächst die verschiedenen gesetzlichen Grundlagen zur digitalen Barrierefreiheit vor und die Normen, auf die die Gesetze verweisen. Am Beispiel der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) zeigte er, wie komplex schon ein einziges Prüfkriterium sein kann. Die Prüfkriterien werden in den WCAG durch umfangreiche sogenannte „Understandings“ und zahlreiche „Techniques“ oft sehr verschachtelt erklärt.

Anschließend zeigte er anschaulich, wie ein Screenreader – in diesem Fall der kostenlose NVDA – funktioniert. Herr Maikowski hatte dafür eine Seite mit allen Tasten und Tastenkombinationen zusammengestellt, die man zum Navigieren einer Website braucht. Die Liste war so lang, dass sie eine ganze Folie in kleiner Schrift füllte.

Wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pfennigparade in ihrem „Test.Labor Barrierefreiheit“ arbeiten, zeigte ein Video. In dem Testlabor prüfen die Testerinnen und Tester Websites und Produkte. Für das Prüfen von Websites gibt es eine Checkliste. Die Testenden probieren die Funktionen aus und schreiben auf, ob es funktioniert hat. Wird ein Produkt getestet, sagt der Kunde, was es können soll. So werden digitale Angebote beispielsweise auch per Augensteuerung getestet.

An einem Beispiel zeigte Herr Maikowski wie herausfordernd die barrierefreie Gestaltung von Tabellen für Screenreader-Nutzende ist. Hierbei gibt es einiges zu beachten.

Als gutes Beispiel für eine hilfreiche App für blinde und sehbehinderte Menschen stellte er LOC.id vor. Diese App kann auf dem Smartphone vor Hindernissen warnen, wie vor E-Scootern, die auf dem Gehweg liegen, oder Baustellen. Zudem kann sie über den ÖPNV, Ampeln und Gefahrenzonen informieren. Dafür schaltet sie Orientierungstöne von Ampeln, Zügen, Bussen und anderen unterstützten barrierefreien Systemen automatisch an, wenn sich App-Nutzende in der Nähe bewegen bzw. aufhalten. Dann wird beispielsweise ein angehobenes Orientierungssignal ausgegeben oder eine sprachgesteuerte Führung gestartet. Wie Herr Maikowski berichtete, arbeiten diese Systeme nur, wenn die jeweiligen Anbieter Bluetooth für die Datenübertragung einschalten. Das ist jedoch oft noch nicht der Fall.

Eine Gruppe von etwa 60 Personen steht auf einer Treppe und blickt zum Fotografen. Netzwerktreffen digitale Barrierefreiheit Nürnberg - Gruppenfoto Teilnehmer Gruppenbild: die Teilnehmenden und Gastgeber des Workshops

An dieser Stelle möchte sich die Bundesfachstelle noch einmal ganz herzlich beim gesamten Team des BAMF bedanken – für die Initiative, das Netzwerktreffen nach Nürnberg zu holen, sowie für die gute Organisation und den spannenden Workshop.

Netzwerk digitale Barrierefreiheit

Seit Sommer 2022 veranstaltet die Bundesfachstelle Barrierefreiheit mindestens zweimal jährlich Netzwerktreffen zur digitalen Barrierefreiheit für Behörden des Bundes. Ziel ist der Austausch und die Vernetzung für die Umsetzerinnen und Umsetzer von digitaler Barrierefreiheit in den Behörden. Aktuell sind bereits über 230 Mitarbeitende von Bundesbehörden Teil des Netzwerks.

Sie möchten auch teilnehmen?

Wenn Sie in einer Bundesbehörde zum Thema digitale Barrierefreiheit arbeiten und Interesse haben, ebenfalls Mitglied im Netzwerk zu werden und an den Treffen teilzunehmen, melden Sie sich bitte bei der Bundesfachstelle:
bundesfachstelle-barrierefreiheit@kbs.de .

Weitere Informationen zum Netzwerk finden Sie hier: Netzwerk digitale Barrierefreiheit

Das nächste Netzwerktreffen wird im Online-Format am 23. April 2026 stattfinden.