„Auf ein Wort“ zum Start des BFSG
Datum 27.06.2025
Zum Start des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) am 28. Juni 2025 lesen Sie einen Wortbeitrag von Simone Miesner, stellvertretende Leiterin der Bundesfachstelle Barrierefreiheit.
Simone Miesner, stellvertretende Leiterin der Bundesfachstelle
Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) vollständig in Kraft. Produkte und Dienstleistungen, die unter das Gesetz fallen, müssen ab dem Zeitpunkt barrierefrei sein. Zum ersten Mal wird die Wirtschaft in Deutschland zur Barrierefreiheit verpflichtet. Doch was bedeutet das konkret? Websites, Apps und Online-Shops müssen so aufgebaut sein, dass auch Menschen mit Einschränkungen und Behinderungen – etwa beim Sehen, Hören oder in der Motorik – diese gleichberechtigt nutzen können. Technische Vorgaben und Kriterien sind vorhanden: Maßstab sind die Standards der DIN EN 301 549 und die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). Jetzt heißt es, ins Handeln zu kommen statt „Wir kümmern uns irgendwann darum“.
Wer jetzt handeln muss
Viele Unternehmen fragen sich: Wie und wann betrifft uns das überhaupt? Das BFSG gilt für alle, die die laut Gesetz festgelegten Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucherinnen und Verbraucher bereitstellen. Dazu zählen unter anderem Online-Shops, Buchungsportale, Banking-Apps oder Mobilitätsanbieterinnen und -anbieter – kurz: alle, die online einen Verbrauchervertrag anbieten oder abschließen lassen.
Zentrale Anlaufstelle für Beratung und Wissensaustausch
Wir stehen als zentrale Anlaufstelle vor allem Kleinstunternehmen beratend zur Seite, wenn es um Fragen zum BFSG und die Umsetzung geht. Wir müssen bei unserer täglichen Arbeit in Paragrafen, Verordnungen und Normen denken, Branchen und Zielgruppen im Fokus haben. Im Rahmen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes haben wir neue Zielgruppen mit ihren Bedarfen und Anforderungen erschlossen: Wirtschaftsunternehmen, verschiedene Branchen, kleine und große Betriebe sowie deren Interessensvertretungen gehören nun auch zu unseren häufigsten Kundinnen und Kunden. Wir sind mittlerweile auch eine zentrale Anlaufstelle für die Wirtschaft geworden. Das ist eine sehr ambitionierte, aber auch fordernde Aufgabe, der wir uns täglich stellen.
Da die Umsetzung der Barrierefreiheit nicht zwischen großen und Kleinstunternehmen unterscheidet, entwickelten wir Formate mit praktischen Tipps und Unterstützungsangeboten, die von allen genutzt werden können. Mit unserer Webinar-Reihe, den FAQs, Informationsveranstaltungen, unseren BFSG-Sprechstunden sowie unserem LinkedIn-Newsletter vermitteln wir Wissen und geben Werkzeuge für die Umsetzung an die Hand. All das ersetzt aber nicht das eigene Engagement der Unternehmen beim Aufbau der entsprechenden Expertise und einem Austausch untereinander. Wissen lebt von Dialog. Und genau dieser Austausch untereinander, egal ob in Branchenverbänden oder Organisationen wie den Industrie- und Handelskammern, ist uns eine Herzensangelegenheit, um das Thema weiter zu verankern.
Barrierefreiheit als Unternehmensverantwortung
Wer Barrierefreiheit nur als Pflicht betrachtet, denkt zu kurz. Unternehmen, die sich ernsthaft mit digitaler Zugänglichkeit beschäftigen, erschließen neue Zielgruppen, verbessern ihre Usability und stärken das Vertrauen in ihre Marke. Barrierefreiheit ist kein Zusatz, sondern ein Qualitätsmerkmal: Unternehmen übernehmen Verantwortung nicht nur gegenüber Kundinnen und Kunden, sondern auch mit Blick auf die Gesellschaft. In einer zunehmend digitalen Welt wird eine barrierefreie Nutzbarkeit zur Voraussetzung für echten Marktzugang. Denn barrierefreie Websites und Apps verbessern die Nutzerfreundlichkeit für alle, senken Abbruchraten und erschließen neue Kundengruppen.
Großer Dank gebührt an dieser Stelle den Kolleginnen und Kollegen der Bundesfachstelle Barrierefreiheit, die bereits weit vor dem 28. Juni 2025 mit der Netzwerkarbeit und Wissensvermittlung begonnen haben. Das Team ist noch weiter in die Tiefen der digitalen Barrierefreiheit, Gesetzgebung und Normungsarbeit eingetaucht. Das hat sich gelohnt: Die an uns gerichteten Anfragen haben sich im Vergleich zum Vorjahr um nahezu 100 Prozent erhöht.
Lassen Sie uns auch zukünftig am gemeinsamen Projekt einer kontinuierlichen Umsetzung von Barrierefreiheit arbeiten, um unsere Gesellschaft zukunftsfähiger aufzustellen und gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen.